Texte

IV. TEXTE ZUR VERTIEFUNG (B)

Jeder Mensch, der begreift, dass er Gottes Geschöpf ist, wird den Allmächtigen demütig anerkennen und ihn anbeten. Die christliche Anbetung sieht aber nicht nur die Größe, Allmacht und Heiligkeit Gottes.

IV. TEXTE ZUR VERTIEFUNG (B)

1. Warum sollen wir Gott anbeten?

     Jeder Mensch, der begreift, dass er Gottes Geschöpf ist, wird den Allmächtigen demütig anerkennen und ihn anbeten. Die christliche Anbetung sieht aber nicht nur die Größe, Allmacht und Heiligkeit Gottes. Sie kniet auch vor der göttlichen Liebe, die in Jesus Christus Mensch geworden ist. Wer Gott wirklich anbetet, geht vor ihm auf die Knie oder wirft sich auf den Boden. Darin kommt die Wahrheit des Verhältnisses zwischen Mensch und Gott zum Ausdruck: Er ist groß, und wir sind klein. Zugleich ist der Mensch nie größer als dann, wenn er in freier Hingabe vor Gott niederkniet. Der Ungläubige, der nach Gott sucht und anfängt zu beten, kann auf diesem Weg zu Gott finden. (Youcat  Nr. 485)

2. Andacht und Anbetung

     Die Heilige Messe ist eigentlich viel zu kurz. Ge­rade dann, wenn die Eucharistiefeier zu einer per­sönlichen Begegnung mit Christus geworden ist, braucht man Momente des Verweilens. Liebe sucht Dauer. Wenn die Beziehung zu Gott aus Knechtschaft und Pflichtverhältnis zu Kindschaft und Freundschaft herangereift ist, sind auch die Gedanken öfters bei Christus. «Dort wo euer Schatz ist, wird auch euer Herz sein». Die gemeinsame Andacht vor dem ausgesetzten Allerheiligsten möchte Gelegenheit geben, über die Messe hinaus noch länger bei den Geheim­nissen unseres Heiles zu verweilen. Kerzen, Mon­stranz, Velum und Weihrauch deuten die königliche Herrlichkeit Christi an. Er ist nicht nur unser Bruder, sondern Herr und Richter der Welt. In der Anbetung verneigen wir uns vor der Größe und dem Willen Gottes und erweisen dem Schöp­fer die gebührende Ehre. Gleichzeitig erwarten wir die Wiederkunft Christi in der Bereitschaft, ihm den Weg in die Welt zu bahnen und für An­erkennung und Gegenliebe zu werben. Die An­dacht ist somit eine Ausfaltung und Verlängerung der Heiligen Messe, die als «Wandlung» und «Kommunion» bereits die Neugestaltung der Welt als Reich Gottes bewirkt hat. In der Anbetung machen wir uns klein vor Gott, wir vernichten, was das Getriebe des Tages an Stolz und Eigensinn aufgebaut hat. Erst so kann uns Gott in seiner Liebe wieder groß machen. Andacht und Anbetung sind wie die Fortdauer der Heiligen Messe durch den ganzen Tag. Je nach Umständen drückt sich die Haltung mehr oder weniger feierlich und sinnenhaft aus. Ent­scheidend in all dem ist die «Kurskorrektur» im Hinblick auf die Liebe Gottes.

3. Wie macht man das „anbeten“?

Die Hirten, die die Weihnachtsbotschaft von den Engeln gehört hatten, eilten nach Bethlehem. Sie fanden das Kind in der Krippe und verneigten sich voll Ehrfurcht vor diesem göttlichen Geheimnis. Auch von den „Drei Königen“ heißt es, dass sie das Kind anbeteten. Auch wir sind besonders in der Weihnachtszeit eingeladen, vor der Krippe still zu halten... Aber was bedeutet denn eigentlich „Anbetung“? – Hier einige Gedanken dazu:

 

a.  Was ist Anbetung?

Wenn ein Mädchen von einem jungen Mann besonders verehrt wird, dann sagte man manchmal auch, dass sie einen „Anbeter“ hat (und umgekehrt). Dieser Freund trägt sie im Herzen. Er will soweit wie nur möglich bei ihr sein, er ist bereit, für sie sogar ein Hobby aufzugeben und es macht ihm Freude, so weit wie nur möglich ihre Wünsche zu erfüllen. Er liebt sie!  –  Wer auf ähnlich Weise Gott liebt, der betet ihn mit Freude an. Er will Ihn besser kennen lernen und viel Zeit ausschließlich mit IHM verbringen. Er spricht mit Ihm über sein Glück und seine Leiden, über seine Pläne, Erfolge und Niederlagen… Oft genügt es, auch ohne Worte einfach nahe zu sein.

 

b. Warum Anbetung in der Kirche und vor der Monstranz?

Gott ist überall. Man kann in jeder Lebenslage und an jedem Ort mit Ihm in Verbindung treten, also beten. In einem geweihten Raum (Kirche, Kapelle…) ist man dabei besonders geschützt und weniger abgelenkt. Im verwandelten Brot der Eucharistie ist Jesus auch nach der Heiligen Messe geheimnisvoll gegenwärtig. Das gibt dem Gebet vor dem Tabernakel ein besonderes Gewicht. Zu bestimmten Zeiten wird das Eucharistische Brot auch in einem Zeige-Gerät (Monstranz) auf den Altar gestellt. So ist die Nähe Jesu Christi, des Gottes-Sohnes, noch mehr betont und gefeiert. Dadurch erhält die Anbetung

Gottes eine besondere Würde und einen größeren Stellenwert.

 

c.  Warum „ewige Anbetung“?

In manchen Kirchen wird die Gelegenheit der Anbetung vor der Monstranz auf längere Zeiten ausgedehnt, wenn nicht sogar Tag und Nacht fortgesetzt. In dem Fall wechseln sich die Beter gewöhnlich in regelmäßigen Abständen ab. Es ist ähnlich wie bei einer Ehrenwache. Auch die regelmäßigen Beter in der Kirche weilen nicht nur aus persönlichen Gründen vor dem Allerheiligsten  –  sie tun es auch stellvertretend für andere. Das erinnert uns an der betenden Mose: Solange er auf dem heiligen Berg die Hände zum Gebet erhoben hatte, siegten die Israeliten. Wenn er sie sinken ließ, waren die Gegner stärker. Mose betete mit aller Kraft und unterstützt von seinen Begleitern für die Rettung des ganzen Volkes. Auch die Anbeter in der Kirche tragen nicht nur ihren persönlichen Dank und ihre eigenen Anliegen vor Gott, sondern sie beten für alle Menschen…

 

d.  Wie kann man anbeten, wenn man noch nicht in Gott „verliebt“ ist?

Man verliebt sich gewöhnlich nicht „auf den ersten Blick“ – „über beide Ohren“. Um  wirklich mit dem Herzen an einer Person zu hängen, muss man mit ihr eine gewisse Zeit verbringen. Damit das Verweilen vor der Monstranz wirklich Anbetung wird, muss man zunächst Jesus näher kommen, sich für Ihn Zeit nehmen, mit dem Herzen auf Ihn hören, wahre Freundschaft schließen… Es ist gut, wenn man den ersten Gehversuchen bei der „Anbetung“ Jesus alles erzählt, was man erlebt hat – Gutes wie Böses…  Zusammen mit IHM schaut man noch einmal auf alle diese Geschehnisse. Man dankt für das, was gelungen ist, bittet um Vergebung für seine Fehler und um Hilfe für das, was kommt. Dabei können eine besinnliche Bibel-Lesung, der Rosenkranz, geistliche Texte von „Experten des Glaubens“ (die Heiligen) eine große Hilfe sein. Das Wichtigste ist: Einfach anfangen und durchhalten, auch wenn es mal schwer wird. Auch das „Erobern“ einer geliebten Person ist oft sehr anstrengend. Maria und die Heiligen helfen Dir gerne. Bitte sie darum!

4. Vor der Monstranz

Du bist da – ich bin hier…

ich danke Dir dafür.

 

Du bist da – ich bin hier…

ich neige mich vor Dir.

 

Du bist da – ich bin hier…

ich öffne meine Tür.

Du bist da – ich bin hier…

ich schenke mich ganz Dir.

 

Du bist da – ich bin hier…

ich freue mich mit Dir.

 

Du bist da – ich bin hier…

Dein Kreuz gehört auch mir.

 

Du bist da – ich bin hier…

ich liebe eins mit Dir.

 

Du bist da – ich bin hier…

ich segne für und für.

 

Du bist da – ich bin hier…

ich sehne mich nach Dir.

 

Du bist da – ich bin hier…

Dein Himmel ist in mir.

 

 

Eucharistischer Segen

Es ist üblich, eine feierliche Andacht vor dem ausgesetzten Allerheiligsten mit dem eucharistischen Segen abzuschließen. Der Priester (Diakon) erhebt die Monstranz oder den Speisekelch und zeichnet ein Kreuz über die versammelten Gläu­bigen. Es ist üblich, ein Segensgebet mit dem Zeichen des Kreuzes zu bekräftigen. Am Kreuz hat Christus uns die Gnade Gottes durch sein Blut erkauft. Aller Segen kommt also durch seinen Kreuzestod. Wer darum um den Segen bittet und sich bekreuzigt, zeigt damit die Bereitschaft, vom Kreuz her die Liebe Gottes anzunehmen. Mit dem Kreuzzeichen stellen wir uns selber unter das Kreuz. Wir reihen uns unter jene ein, die dort mit Maria an die Liebe Gottes glauben, auch wo es für den Verstand dunkel wird. Wer sich im Zei­chen des Kreuzes durch den erhobenen Leib Chri­sti segnen lässt, erneuert sein Jawort, das er beim Empfang der Heiligen Kommunion zum Opfertod Christi gesagt hat. Gleichzeitig ist der eucharistische Segen Jawort der Fürbitte der Kirche für all jene, für die der Herr gestorben ist.

 

 

Das niederknien vor der Eucharistie

ist Bekenntnis der Freiheit: Wer sich vor Jesus niederkniet, kann und darf sich vor keiner noch so starken irdischen Macht niederwerfen. Wir Christen knien nur vor dem Allerheiligsten Sakrament, weil wir wissen und glauben, dass in ihm der einzige wahre Gott gegenwärtig ist, der die Welt geschaffen und so sehr geliebt hat, dass er seinen einzigen Sohn hingab (...) Die Anbetung ist Gebet, das die eucharistische Feier und Gemeinschaft verlängert und vor dem sich die Seele weiter nährt: Sie nährt sich von Liebe,  Wahrheit, Frieden; sie nährt sich von Hoffnung, weil derjenige, vor dem wir uns niederwerfen, uns nicht richtet, uns nicht zerbricht, sondern uns befreit und verwandelt.

Benedikt XVI. - Predigt 22.05.2008

5. Der Besuch beim Tabernakel

     In der frühen Zeit des Christentums gab es den Brauch, jenen, die auf Seereise gingen, einen Teil vom Heiligen Brot der Eucharistiefeier mitzuge­ben. Auch manche Einsiedler, die längere Zeit in der Zurückgezogenheit lebten, trugen den Leib des Herrn mit sich in die Wüste. So konnten sie gleichzeitig die Einheit mit Gott und der Ge­meinde stärken.

     Ursprünglich bewahrte man das Allerheiligste vor­wiegend für die Kranken auf. Mit der Zeit ist dann stärker ins Bewusstsein gekommen, welch kostbares Vermächtnis uns der Herr durch seine eucharistische Gegenwart im Tabernakel hinter­lassen hat. Es ist wie eine Unterstreichung des Satzes: «Ich bin bei euch alle Tage bis zur Voll­endung der Welt» (Mt. 28, 20).

     Wohl gibt es viele Arten der Gegenwart Gottes in der Welt. Christus begegnet uns ja z. B. in je­dem Nächsten, besonders den Notleidenden. Die Nähe des Herrn im Tabernakel ist aber etwas Unermessliches. Welche Stille und Zurückhaltung Gottes! Er hat sich nicht nur zum Menschen ge­macht, sondern wird in den Gestalten von Brot und Wein zu Speise und Trank. Gott lässt über sich verfügen — so sehr hat er sich in die Hände der Menschen ausgeliefert! Das ist Liebe Gottes, die in unendlicher Vornehmheit und Zurückhaltung die Freiheit des Menschen achtet und aus­hält.

     Und Gott kann warten! Er ist die Geduld, weil er Liebe ist. Auch dafür ist der Tabernakel ein deutliches Zeichen. Gott bietet sich an, aber er drängt sich nicht auf. Er macht sich so klein, dass seine Gegenwart nicht mehr zum Schrecken für den Menschen wird, sondern eine Quelle der Ruhe, des Friedens.

     Vor dem Tabernakel braucht man nicht viele Worte zu machen. Er lädt zu einer stillen Begeg­nung ein: «Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und unter Lasten stöhnt! Ich werde euch Ruhe verschaffen» (Mt. 11, 28).

6. Es ist unbegreiflich

Es ist außerordentlich, es ist etwas, was immer tiefer in meine Seele eindringt: Dein Verweilen dort im Schweigen des Tabernakels. Ich komme in die Kirche am Morgen und treffe Dich dort an. Ich eile in die Kirche, wenn ich Dich liebe, und finde Dich dort. Ich gehe zufällig, aus Gewohnheit oder aus Ehrfurcht dort vorbei und begegne Dir.

Und jedes Mal sagst Du mir ein Wort. Du ordnest meine Gefühle. Und mit immer neuen Variationen komponierst Du ein einziges Lied in mir, das mein Herz schon auswendig weiß. Es wiederholt nur dieses Wort: Ewige Liebe.

Herr Gott, Du konntest nichts Besseres erfinden! Dieses Dein Schweigen, in dem der Lärm unseres Lebens verstummt, dieser stille Herzschlag, der jede Träne trocknet — dieses Schweigen ... Dieses Schweigen, das herrlicher klingt als ein himmlisches Konzert. Dieses Schweigen, das dem Verstand das ewige Wort gibt und dem Herzen den Trost Gottes. Dieses Schweigen, in dem sich jede Stimme wiederfindet, in dem sich jedes Gebet verwandelt weiß — diese Deine geheimnisvolle Gegenwart...

Hier ist das Leben, hier die Erwartung. Hier findet unser kleines Herz Ruhe, um sich rastlos wieder auf den Weg zu begeben.

7. Ich warte auf euch

„Ich ließ mich, Jesus, im Tabernakel einsperren. Ich bin gehindert und von eurer Liebe abhängig. Mit Geduld und Ausdauer warte ich auf euch, auf eure Besuche, auf ein Zeichen der Liebe. (In diesem Moment verstand ich, dass wir Jesus einengen, wenn wir gleichgültig und ohne Gespür für seine Gegenwart bleiben.) Im Tabernakel erleide ich viel Einsamkeit und Verlassenheit, weil ich nur von wenigen besucht werde. Denkt doch daran, dass ich in der Kapelle gegenwärtig bin! Geht nicht gleichgültig an mit vorbei, sondern seid euch bewusst, dass ich dort gegenwärtig bin!“

Geistliche Erfahrung einer Ordens-Schwester  

8. Was ist mit "Ehrfurcht" gemeint?

Manche Leute hören aus dem Wort „Ehrfurcht“ nur die Furcht heraus. Da kommt wieder ein altes heidnische Gottesbild zum Vorschein: „Angst vor Gott, Strafe, Rache... Ich muss mich schützen vor Gott –  er soll mich nicht erwischen...!“ Auch Adam und Eva haben sich nach dem Sündenfall zunächst versteckt...

 

Christliche Ehrfurcht ist aber keine  Angst vor Gott, sondern die „Furcht“ davor, Gott und seiner Schöpfung... nicht die gebührende Anerkennung und Ehre zu geben. Denn dadurch aber würde man sich auch selber Unrecht antun! Wenn man z.B. übersieht oder missachtet, dass Gott der Schöpfer und Herr der Welt ist, fügt man sich letztlich selber den größten Schaden zu. Aber da ist noch mehr zu beachten: Gott ist Vater, ist Liebe! Er hat also ein Herz, das verletzlich ist. Die Gleichgültigkeit, ja das Ignorieren Gottes trifft ihn mehr als menschliche Schwächen und Ungehorsam. Die große Sünde unserer Zeit ist darum ein Leben, als ob es keinen Gott gäbe...

    Gesunde Ehrfurcht vor Gott bedeutet das Besorgt-Sein darum, Gott ja nicht weh zu tun –  Ihn ja nicht zu enttäuschen. Schon der Gedanke daran flößt uns eine gewisse „Furcht“ vor  uns selber ein: Ich will dem Herrgott doch nicht beleidigen (also Leid zufügen), denn ich glaube trotz allem Unverständlichen in der Welt an seine Liebe! Ehrfurcht ist also eine gewisse Furcht vor sich selber: Ich will niemandem ein Unrecht zufügen oder wehtun – weder Gott, den Mitmenschen noch mir selber.

9. Die Bedeutung des Kniens

    Was tut einer, wenn er hochmütig wird? Dann reckt er sich, hebt Kopf und Schultern und seine ganze Gestalt. Alles an ihm spricht: «Ich bin wichtig. Ich bin groß. Ich bin mehr als die anderen, mehr als du da vor mir!» Ist aber jemand demütigen Sinnes, fühlt er sich klein, darin senkt sich sei­ne Gestalt. Er «erniedrigt sich», sagt der Herr. Umso tiefer, je größer der ist, der vor ihm steht; je weniger er selbst in seinen eigenen Augen gilt; je lebendiger er seine Gren­zen empfindet. Wo aber spüren wir deutlicher, wie wenig wir sind, als wenn wir vor Gott stehen? -

     Der große Gott, der gestern war wie heute und nach hundert und tausend Jahren, weil Er ewig ist. Der dieses Zimmer durchwaltet, und die Stadt, und die weite Erde, und den unermesslichen Sternenraum, und alles ist vor Ihm wie ein Stäubchen. Der heilige Gott, rein, gerecht und von unendlicher Hoheit. Wie ist er groß!

    Und ich klein, so klein... man möchte sagen: wesenhaft klein, dass ich mich mit Ihm überhaupt nicht vergleichen kann ... dass ich ein Gar-nichts bin vor Ihm! Da kommt es einem ganz von selbst, dass man vor Ihm nicht stolz dastehen darf. Man möchte die eigene Gestalt niedriger machen, da­mit sie sich nicht so anmaßend aufrecke - und sieh, schon ist die Hälfte ihrer Höhe geopfert: Der Mensch kniet. Und ist es seinem Herzen noch nicht genug, so mag er sich noch beugen dazu. Dann spricht die gesenkte Gestalt: Du bist der große Gott, ich aber bin ein Nichts! Doch nein, das wäre wieder falsch. Ich bin nicht Nichts, sondern «Etwas», sogar etwas Geheimnisvoll-Großes, aber durch Ihn. Die Menschengestalt spricht: Ich bin Dein Ebenbild, durch Dich gedacht und geliebt und geschaffen, Du mein Ur-Bild! -

    Wenn du die Knie beugst, lass es kein hastig-leeres Ge­schäft sein. Gib ihm eine Seele. Die Seele des Kniens aber ist, dass auch drinnen das Herz sich in Ehrfurcht vor Gott neige; in jener Ehrfurcht, die nur Gott erwiesen werden kann: dass es anbete.

Wenn du in die Kirche kommst, oder sie verlässt, oder am Altar vorbeigehst, und niederkniest, tief, langsam, dann soll dein ganzes Sein sprechen: «Mein großer Gott...!» Das ist dann Demut, und ist Wahrheit, und jedes Mal wird es deiner Seele gut tun.  

(Romano Guardini)

10. SO VIEL WIE…

Dein Gebet ist so viel wert –

wie Deine Liebe…

 

Deine Arbeit ist so viel wert –

wie Dein Dienen…

 

Deine Eucharistie ist so viel wert –

wie Dein Opfer …

 

Deine Beichte ist so viel wert –

wie  Deine Reue…

 

Deine Frieden ist so viel wert –

wie Dein Erbarmen…

 

Dein Leben ist so viel wert –

wie Dein Sterben…

 

Dein Sterben ist so viel wert –

wie Deine Hingabe…

11. Einheit von Eucharistie-Feier und Anbetung

Eine einseitige Interpretation [der Eucharistie] des Zweiten Vatikanischen Konzils hatte diese Dimension beeinträchtigt, indem sie die Eucharistie praktisch auf den Augenblick ihrer Feier beschränkte. (...) In diesem Fall ging die richtige, auf die Feier der Eucharistie gesetzte Betonung auf Kosten der Anbetung, die ein an den wirklich im Altarsakrament gegenwärtigen Herrn Jesus gewandter Akt des Glaubens und des Gebets ist. Diese Unausgewogenheit hatte Auswirkungen auch auf das geistliche Leben der Gläubigen. Wird nämlich die ganze Beziehung mit dem eucharistischen Jesus allein auf den Augenblick der heiligen Messe konzentriert, läuft man Gefahr, den Rest der Lebenszeit und des Lebensraumes seiner Gegenwart zu entleeren. Und so wird der Sinn der beständigen Gegenwart Jesu mitten unter uns und mit uns weniger wahrgenommen, eine konkrete, nahe Gegenwart inmitten unserer Häuser, als »pulsierendes Herz« der Stadt, des Landes, des Gebiets mit seinen verschiedenen Ausdrucksformen und Tätigkeiten. Das Sakrament der Liebe Christi muss das ganze alltägliche Leben durchdringen.

 

In Wirklichkeit ist es falsch, die Feier und die Anbetung entgegenzusetzen, als stünden sie zueinander in Konkurrenz. Genau das Gegenteil ist der Fall: die Verehrung des Allerheiligsten Sakraments bildet gleichsam die geistliche »Umwelt«, in der die Gemeinschaft gut und wahrhaftig die Eucharistie feiern kann. Nur wenn der liturgischen Feier diese innere Haltung des Glaubens und der Anbetung vorangeht, sie von ihr begleitet wird und diese ihr folgt, kann sie ihre volle Bedeutung und ihren vollen Wert zum Ausdruck bringen.(...)

 

Die wahre Liebe und die wahre Freundschaft leben immer von dieser Gegenseitigkeit der Blicke, von innigen, beredten Momenten der Stille voller Achtung und Verehrung, so dass die Begegnung in der Tiefe erlebt wird, persönlich und nicht oberflächlich. Und wenn diese Dimension fehlt, kann leider auch die sakramentale Kommunion unsererseits zu einem oberflächlichen Gestus werden. (...)

 

Ich möchte auch unterstreichen, dass das Sakrale eine erzieherische Funktion hat, und sein Verschwinden verarmt unvermeidlich die Kultur, besonders die Formung der neuen Generationen. (...) denken wir an eine Mutter oder einen Vater, die im Namen eines entsakralisierten Glaubens ihren Kindern jegliche religiöse Ritualität wegnähmen: in Wirklichkeit ließen sie schließlich den vielen in der Konsumgesellschaft gegenwärtigen Ersatzmitteln freies Feld, anderen Riten und anderen Zeichen, die leicht zu Götzenbildern werden können. Gott, unser Vater, handelte nicht so mit der Menschheit: er hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, um abzuschaffen, sondern um auch das Heilige zu seiner Vollendung zu bringen. (...)

 

Auf dem Höhepunkt dieser Sendung, beim Letzten Abendmahl, stiftete Jesus das Sakrament seines Leibes und seines Blutes, das Gedächtnis seines Paschaopfers. Indem er dies tat, setzte er sich selbst an die Stelle der alten Opfer, doch er tat dies innerhalb eines Ritus und gebot den Aposteln, diesen als höchstes Zeichen des wahren Heiligen, das er selbst ist, fortzuführen.                                                                                                                                                   (Benedikt XVI., 7. Juni 2012)

12. Ich bin für euch da

      Es gibt viele Worte in der Heiligen Schrift, die einfach unübersetzbar sind. Wir haben in unserer Sprache keinen einzelnen Begriff, der das Ge­meinte wiedergeben könnte. Wenn man also kei­nem Irrtum verfallen will, muss man längere Er­klärungen geben.

     Das ist auch notwendig bei dem Wort «Gedächt­nis». Wenn man die Aufforderung Jesu: «Tut dies zu meinem Gedächtnis!» (Lk 22, 19) oberfläch­lich hört, so scheint es nur darum zu gehen, dass man zurückdenkt. Christus will aber viel mehr als nur in der Erinnerung weiterleben. «Gedächt­nis» (Anamnese) bedeutet als biblisches Fachwort nicht nur die Gegenwart in Gedanken, sondern ein wirkliches und volles Dasein. Wenn in der Liturgie das Wort Gottes verkündet wird, so spricht Gott selbst zu uns. In der Eucharistie wird der Opfertod und die Auferstehung Christi nicht nur bildlich dargestellt, sondern zeichenhaft (sa­kramental) gegenwärtig.

     «Ich bin für euch da» — so etwa kann man den Namen «Jahwe» übersetzen, der im Alten Testa­ment Mose als Namen Gottes offenbart wurde. Durch alles Auf und Ab in der Geschichte Is­raels wird dieser Name immer wieder bestätigt bis hin zu Christus. Diese liebende und bejahende Nähe Gottes kommt für uns am stärksten in der Heiligen Messe zum Ausdruck. Gott ist in vielfältiger Weise für uns da: Er schenkt sich uns im Wort und in den eucharistischen Gaben, er ist gegenwärtig in der Mitte der Gemeinde, die in seinem Namen versammelt ist, sowie im bevollmächtigten Priester («Wer Euch hört, hört mich»).

     So wird das Gedächtnis Christi zur Gegenwart der Erlösung. Die Heilige Messe ist gleichzeitig Anfang des wiederkommenden Herrn, dessen Liebe alles richtet. In der Liturgie wird der Auf­erstandene gegenwärtig. Er durchbricht die Schran­ken von Raum und Zeit und nimmt den Glau­benden verhüllend und hinweisend zugleich hin­ein in die ewige Liebesgemeinschaft Gottes.